Naturwissenschaft und Glaube

■ Kürzlich gab es bei einem ausländischen christlichen Sender eine Diskussionsrunde zwischen einem gläubigen Christen auf der einen und einem ungläubigen Physiker auf der anderen Seite. Es ging um die Frage nach der Existenz Gottes. Der atheistische Physiker forderte seinen christlichen Gesprächspartner wiederholt dazu auf, ihm doch den objektiven Beweis für die Existenz Gottes zu erbringen, also einen Beweis auf der Grundlage der Naturwissenschaften. Dann würde er vielleicht ebenfalls glauben.
Dabei verwies er auch auf ein Experiment, welches irgendwo gemacht worden sei, in welchem erkrankte Menschen in zwei Gruppen aufgeteilt worden seien. Die eine Gruppe gläubiger Patienten sollte ausdrücklich um Heilung bitten, die andere dagegen nicht. Nach einer bestimmten Zeit habe man festgestellt, dass bei den um Genesung betenden Menschen kein höherer Prozentsatz an Heilungen festgestellt worden sei als bei denen, die nicht um Genesung beteten.
Der betreffende Physiker hat dieses Ergebnis dann absurderweise als einen Beweis dafür präsentiert, dass der Glaube an Gott und das Gebet eben nichts bringen würden, was ja seinerseits dafür spreche, dass es keinen Gott gäbe.
Dabei hat er aber einen zentralen Punkt ignoriert, dass nämlich das Gebet aus christlicher Sicht keine mystische Zauberformel nach der Art einer heidnischen Beschwörung darstellt – man habe sie gesprochen und dann müsse als Ergebnis unbedingt etwas Greifbares herausspringen, was auch noch mit den Mitteln der Naturwissenschaft gemessen werden müsste. Denn erstens ist das Gebet als persönliche Zuwendung an Gott neben Anbetung und Danksagung auch ein vertrauensvolles Vorbringen der eigenen Bitten an Ihn, wobei man es als Jünger Christi zweitens voll und ganz Ihm überlässt, wann, in welchem Umfang und auf welche Weise Er das Gebet erhöre. Man vertraue aber, dass grundsätzlich kein Gebet unerhört bleibt.
Der betreffende Christ hat seinerseits dem ungläubigen Physiker eine sehr kluge Antwort gegeben. Sein Grundargument war, dass die Naturwissenschaft und der Glaube als solcher (immer im christlichen Verständnis des Wortes!) zwar die Realität als Objekt ihrer Analyse haben, aber dennoch verschiedene Bereiche davon untersuchen. Die Naturwissenschaft schaut sich die Welt an und stellt dabei die Frage: Wie? Wie ist nämlich die äußere mit Sinnen wahrnehmbare Welt entstanden und wie funktioniere sie im Hinblick auf die verschiedensten Naturwissenschaften (Physik, Biologie, Chemie usw.) funktioniere?
Der gläubige Christ schaut sich die Welt und den Menschen an und stellt dabei die Frage: Warum? Was nämlich der Ursprung und Grund unserer menschlichen Existenz und dann natürlich auch der äußeren Welt ist. Warum und aus welchem Grund wir Menschen nämlich ins Dasein gerufen worden sind und weshalb das ganze Weltall existiert. Die christliche Offenbarungsreligion, das authentische Christentum, fragt eben primär nach dem Sinn unseres Daseins, wobei diese Frage in den Naturwissenschaften überhaupt nicht auftaucht, sondern sie ihr Augenmerk ausschließlich und ausnahmslos auf die physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse richten.
So gesehen kann man den Beschäftigungsbereich der Naturwissenschaften nicht mit dem des Glaubens und der Theologie vermischen. Beide sind auf verschiedenen Feldern aktiv, weshalb die Naturwissenschaft als solche mit ihren eingeengten und beschränkten Mitteln grundsätzlich nicht dafür geeignet ist, die Existenz Gottes entweder felsenfest zu beweisen oder sie ohne Zweifel leugnen zu können!
Selbstverständlich ist die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften sehr wichtig und interessant, weil man dadurch nicht nur das Leben der Menschen in vielen Bereichen sinnvoll erleichtern und sie z.B. von vielen Krankheiten heilen kann. Außerdem führen die gewaltigen Erkenntnisse der Mysterien der Schöpfung viele gläubige Menschen zum Staunen und Bewundern der gesamten Schöpfung bzw. zur Anbetung des Schöpfers, der alles so wunderbar eingerichtet hat. Man erblickt darin gerade auch Seine wunderbare Spur!
Aber dennoch muss sich jeder Naturwissenschaftler tunlichst davor hüten, die Ergebnisse seiner Forschungen, die ja auf dem Messen von sinnlichen Gegebenheiten beruht, als einen Beweis für oder gegen die Existenz Gottes darzustellen. Wir als Christen dürfen ja z.B. den Schöpfungsbericht der Heiligen Schrift (Buch Genesis) ebenfalls nicht verengend als ein naturwissenschaftliches Buch betrachten, als ob z.B. die einzelnen physikalisch-relevanten Angaben darin wortwörtlich im naturwissenschaftlichen Sinn betrachtet werden dürften. Nein, die Bibel ist für uns ein heilsgeschichtliches Buch, eine Schrift, welche von den Grundsätzen der heilsrelevanten Geschichte Gottes mit den Menschen berichtet. Und nur im Licht dieser Erkenntnis darf sie primär gelesen werden.
■ Auch beim betreffenden Physiker war während der Diskussion wahrzunehmen, mit welch einseitiger und geradezu sektiererischer Begeisterung er über die Naturwissenschaft gesprochen und ihr die Fähigkeit der Beantwortung aller noch bestehenden Fragen unseres Daseins zugestanden hat. Man habe da ja schon so viel erfahren und entdeckt und ganz sicher werde man in der Zukunft dank der Naturwissenschaft in der Lage sein, sogar auch die physiologischen Prozesse und sonstigen Impulse im Gehirn des Menschen zu „entziffert“. Sein geradezu religiös anmutender Glaube an die Naturwissenschaft führte ihn zur Behauptung, dass man in der Zukunft auch hinter alle gedanklichen Prozesse des Menschen kommen und diese naturwissenschaftlich so auseinanderlegen werde, dass man auch in der Lage sein werde, Roboter mit künstlicher Intelligenz zu bauen, die genauso wie Menschen denken und handeln würden.
Eine sehr seltsame Definition von „Mensch“! Als ob das menschliche Wesen als solches lediglich in der Summe aller (auch noch nicht entdeckten) chemischen, biologischen und physikalischen Prozesse im Organismus des menschlichen Körpers aufzufassen sei, als ob der Mensch nur ein sehr komplizierter Computer oder nur eine hochkomplexe Maschine sei, welche man mit naturwissenschaftlichen Mitteln sehr wohl werde nachbauen können. Eine grausliche Vorstellung und ein erbärmliches Bild vom Menschen als solchem!
Nun, wer so extrem materialistisch an die Realität herangeht, kann zunächst einmal nicht unser menschliches ästhetisches Empfinden erklären, was uns alle aber ebenfalls nicht unwesentlich ausmacht. Zwar wird ein noch so „intelligenter“ Computer vielleicht genau analysieren können, welcher Ton in welcher Oktav in welcher Dauer und in welcher genau nach Dezibel gemessenen Lautstärke sich mit anderen Tönen abwechselt und ob diese Kombination sonst noch in irgendeinem anderen Stück der Musikgeschichte vorkommt oder nicht. Aber eine auch noch so komplexe und „kluge“ Maschine wird niemals die Faszination der Musik verstehen und die dabei im Menschen in verschiedenartigster Weise empfundenen Emotionen geistig nachvollziehen können!
Oder nehmen wir die betrachtende Kunst – Bilder, Skulpturen oder auch die Architektur. Die künstliche Intelligenz einer vom Menschen gebauten Maschine wird uns vielleicht sogar sehr weitgehende Informationen liefern können, ob und wie da die Punkt- oder Achsen-Symmetrie vorliegt, in welchem genauen Maß die Krümmung einer Kuppel vorgenommen worden ist oder ob irgendwelche zwei Linien wirklich parallel oder in einem bestimmten Winkel zueinander gesetzt worden sind. Alles gut und schön – herzliche Gratulation jedem, den diese Unmenge an Informationen hobbymäßig interessiert oder der sie berufsbedingt braucht!
Nur wird kein Computer der Welt jemals die sehr wohl speziell menschliche, geistige Fähigkeit entwickeln können, die menschlichen Gefühle beim Betrachten dieses Bildes oder jener Skulptur, dieses Schlosses oder jener Kathedrale und Basilika nachzuempfinden. Und allein schon diese Fähigkeit zum ästhetischen Empfinden des Menschen zeigt uns an, dass der Mensch wesentlich mehr ist als die von vielen Leuten heute angepriesene künstliche Intelligenz, die doch immer nach der Art eines sehr komplizierten elektronischen Mechanismus funktioniert und somit niemals den sehr einfachen, aber extrem aussagekräftigen Satz wird jemals formulieren können: Das ist einfach schön! Man gehe einfach in die Natur hinaus oder schaue sich eine Blume an, um sich das bestätigen zu lassen!
Der Geist des Menschen erbringt aber eine noch viel wichtigere Leistung – die Erfassung von moralisch-relevanten Werten und die Unterscheidung zwischen sittlich und unsittlich, zwischen Gut und Böse. Wir sind unserer menschlichen Natur nach sehr wohl fähig zu erkennen, was z.B. Freundschaft, Treue oder Hingabe ist. Mit anderen Worten: Wir Menschen können den wunderbaren und zentralen Wert der Liebe erkennen und ihn durch unsere freie Willensentscheidung vollends bejahen und somit ebenfalls liebend werden! („Liebe“ hier natürlich in ihrer christlichen Bedeutung.)
Indem unser Denken also wesentlich auf Sittlichkeit bezogen ist, nehmen wir in uns auch eine Werteskala wahr – das eine ist gut und das andere noch besser; das eine ist schlecht und das andere noch schlechter. Wegen dieses grundsätzlichen Setzens von Werturteilen zwischen den positiven und negativen Werten auf der einen und des Wertens bezüglich der Intensität des jeweils Guten auf der anderen Seite besitzen wir auch eine Vorstellung und Idee vom höchsten sittlichen Wert, dem absoluten Guten – auch wenn wir uns dies oft nicht aktiv ins Bewusstsein rufen. Denn sonst wären wir in unserer Geistesleistung nicht in der Lage, einen Unterschied zwischen den verschiedenen Graden oder Stärken des zentralen christlichen Wertes der Liebe zu machen.
Die praktisch nicht zu vermeidende schmerzvolle Erfahrung der Grenzen des menschlichen Daseins (Krankheiten, Leiden, Sterblichkeit) und besonders seiner sittlichen Beschränktheit (Unrecht erleiden, Sünden begehen) führen verstärkt zur Wahrnehmung der substanziellen Mängel unserer menschlichen Existenz. Daraus erwächst dann umso mehr sowohl das Bewusstsein unserer Armut und Unzulänglichkeit hier auf Erden als auch der geistige Hunger als tiefe Sehnsucht und inneres Verlangen nach viel mehr, nach der höheren Erfüllung!
■ Solche Überlegungen, für sich allein genommen und isoliert von weiteren Schritten, stellen nur eine Art theoretisches Gebilde oder Philosophie dar. Zwar kann die Gewinnung solcher Erkenntnisse im Vergleich mit dem Stand der heute gesellschaftlich-politischen häufig erfahrbaren moralischen Dekadenz für den einzelnen Menschen schon eine große Entwicklung darstellen. Zwar nehmen wir da das Göttliche bereits hell in unserem Geist auf und es klopft mit einer geistigen Wucht an die Tür unserer Seele. Zwar machen wir dann bereits einen sehr großen Fortschritt, wenn wir nämlich diese in unseren Geist projizierte sittliche Vollkommenheit als sich selbst moralisch rechtfertigend erkennen und dann auch persönlich ganzheitlich bejahen.
So manche Denker und Philosophen der heidnischen Antike haben einen bemerkenswerten Schritt in diese Richtung gemacht. Zum Beispiel erblickte der hl. Augustinus in der Idee des antiken griechischen Philosophen Platon von der Sehnsucht der Seele nach dem Einen eben einen Ansatz für die christliche Lehre von Gott als des gütigen Vaters und von der Sehnsucht des Menschen nach Gottesnähe, den er dann theologisch entsprechend ausbaute.
Aber dennoch fehlt in diesem Stadium noch ein wesentlicher Teil, welcher elementar zum Christentum gehört. Denn das Christentum stellt seinem Wesen nach nicht bloß irgendeine abstrakte Idee oder ein rein theoretisches Gedankensystem dar. Im Zentrum des christlichen Glaubens steht das konkrete Eingreifen und Wirken des absoluten Gottes als des höchsten sittlichen Wertes in die Menschheitsgeschichte zum Zweck der Annäherung der Menschen zum Ideal des absoluten Guten.
Fundamental für die Christliche Offenbarungsreligion ist schlussendlich die Menschwerdung und das entsprechende Heilswirken Gottes zum Zweck nahm Christus, der als menschgewordener Gott die Liebe und Vollkommenheit in Absolutheit selbst ist, die Sünden der Menschheit auf sich und litt stellvertretend unter dem Fluch dieser Sünde. Dadurch zerbrach Jesus Christus auch die verderbliche Unausweichlichkeit des sittlichen Todes für uns Menschen und befähigt alle, die in ihrem geistigen Hunger Ihn suchen, zu einer entsprechenden Antwort der Liebe!
So kamen ja auch schon viele von den Zeitgenossen Jesu zur Erkenntnis, dass Er mit Seinen Worten und Taten genau die Sehnsucht anspricht und entsprechend erfüllt, die sie in ihrem Herzen wegen der Unzulänglichkeit dieser Welt trugen. Und vor allem waren sie dann von dem unendlichen und unbegreiflichen Maß der Liebe ergriffen, welche Christus in Seinem stellvertretenden Leiden und Sterben an den Tag gelegt hat.
Bei den Juden lief dieser Erkenntnisprozess nicht selten über die Feststellung, dass Jesus genau der ist, „von dem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben haben“ (Joh 1,45). Die Heiden waren anfänglich oft von Seiner gütigen Zuwendung an sie beeindruckt (Joh 4,9) und liehen Ihm dann umso mehr ihr Ohr. Bezeichnenderweise glaubten „viele Samariter“ dann an Jesus nicht nur wegen des Wortes der betreffenden Frau, Jesus habe ihr „alles gesagt, was ich getan habe“, sondern aufgrund einer persönlichen Erfahrung: „denn wir haben selbst gehört und wir wissen: Dieser ist wirklich der Heiland der Welt“ (vgl. Joh 4,39-42).
Gott wird für uns erkennbar in der höchsten und absoluten Liebe Seines Sohnes. Jesus Christus ist die Offenbarung des höchsten sittlichen Wertes der Liebe, welche die essentielle Eigenschaft besitzt, sich selbst zu rechtfertigen und sozusagen sittlich zu legitimieren. Wer die Liebe Gottes in Jesus Christus erkennt, erkennt Gott selbst und braucht eigentlich keinen anderen Beweis für Seine Existenz mehr!
Man schüttele also den ganzen Ballast der Verstrickung ins Irdische ab und wende sich der Frage zu, was den Sinn der menschlichen Existenz generell und meines eigenen Daseins speziell ausmacht. Das ist ja die zentrale Frage, die ein Christ in Bezug auf die gesamte Schöpfung stellt: Warum? Man höre dann ehrlich in sein Herz hinein bzw. gehe mit sich da „gnadenlos“ ins Gericht. Selig, wer dann in sich den geistigen Hunger nach ganzheitlicher Erfüllung verspürt und für sich die Entscheidung trifft, unbedingt sittlich handeln und die übernatürliche Liebe finden zu wollen! Dies ist der entscheidende erste Schritt auf dem Weg der Findung Gottes als der absoluten Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe!
Fordert ja Jesus ausdrücklich das Involviert-Werden des menschlichen Verstandes und Willens in den Prozess der Erkenntnis Gottes: „Das Reich Gottes kommt nicht in sichtbarer Weise. Man kann auch nicht sagen: Hier ist es oder dort. Denn seht, das Reich Gottes ist in euch.“ (Lk 10,20f.) Also braucht ein gläubiger Christ keine Beweise für die Existenz Gottes auf der Ebene der bloß das Sinnliche messenden Naturwissenschaften, weil er bereits in seinem Geist die Erkenntnis Seiner Existenz vollzogen hat. Er hat sein Herz für das Licht der Gnade Christi geöffnet und bemüht sich, diese Liebe Gottes nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. So erkennt er dann auch, dass Gott die sicherste Realität ist, weshalb diese für ihn, der ein liebender Jünger Jesu sein will, auch keines wie auch immer gearteten „Beweises“ mit den Mitteln der Naturwissenschaften bedarf! Die Realität Gottes steht weit über dieser materiellen Welt und somit auch über den Naturwissenschaften.
Ja, der Glaube ist wirklich eine große Gnade, ein enormes Gnadengeschenk! Aber man soll sich als Mensch auf sie vorbereiten bzw. sie suchen und nach ihr streben. Dann erfüllen sich unsere tiefen Sehnsüchte und wir sind imstande, voll innerer Überzeugung das feierliche Bekenntnis des hl. Apostels Johannes zu wiederholen: „Das ist die Botschaft, die wir von Ihm vernommen haben und euch verkünden: Gott ist Licht. In Ihm ist keine Finsternis. … Wenn wir aber im Licht wandeln, wie Er im Licht ist, so haben wir miteinander Gemeinschaft, und das Blut Christi, Seines Sohnes, macht uns von aller Sünde rein.“ (1 Joh 1,5-7.)
■ Wer zu diesem Glauben der Liebe Gottes in Jesus Christus gefunden hat, der lebt im Heiligen Geist und entdeckt dann auch in der gesamten Schöpfung eine Unmenge an wunderbaren und ergreifenden Spuren Gottes! Wenn man z.B. einen Blick auf die unendlichen Weiten des Weltalls wirft und dann bedenkt, dass es sich nach den Messungen von Physikern räumlich immer weiter ausbreitet, dann wird man ergriffen und ruft dem Schöpfer zu: Wie groß bist Du!
Von einem bekannten Physiker erfuhr ich, dass diese Wissenschaft den Prozess des Urknalls, möchte man dieser heute favorisierten Theorie folgen, mathematisch bis auf Bruchteile der Sekunde zurückrechnen könne. Wenn man dann erstens bedenkt, wieviel an unvorstellbarer Menge Energie in der gesamten Schöpfung enthalten ist (siehe Atomkraft!), und zweitens berücksichtigt, dass nach physikalischem Grundgesetz nichts von nichts kommen kann, stellt man sich die Frage, woher denn die gewaltige Energie für den Urknall gekommen sein könnte. Ein katholischer Christ sieht dann darin das Glaubensdogma von der Schaffung des Weltalls durch Gott aus dem Nichts nur bestätigt.
Wenn man den Blick vom Makrokosmos auf den Mikrokosmos wechselt, kommt man ebenfalls nicht aus dem Staunen über die Geheimnisse der Schöpfung heraus: die ganzen Viren und Bakterien und alle anderen Bestandteile unseres menschlichen Körpers. Wie sie alle ineinander und miteinander wirken, wie ein jedes noch so kleine Teilchen da seine Rolle im Gesamtorganismus spielt, bei dessen Fehlen oder Defekt alles irgendwie aus dem gesunden Gleichgewicht gerät – geradezu ein riesengroßes Märchen anzunehmen, das alles habe sich aus einer einzelnen Zelle, die aus dem Wasser kam, entwickelt, wie die Evolutionstheorie uns weißmachen will. Und woher soll diese erste biologische Zelle gekommen sein?
Eine These der materialistisch gesinnten Atheisten ist, dass die Naturwissenschaften schon so viele Fragen beantwortet haben und wir durch noch mehr Forschung noch mehr Antworten erhalten würden. Ja, es stimmt ohne jeden Zweifel, dass diese Wissenschaften einen großen Fortschritt gemacht haben, das sieht man überall im Alltag. Dennoch beobachtet man gleichzeitig, dass sich im Lauf der betreffenden Entdeckungen noch mehr weiterführende Fragen ergeben haben. Mit diesem zunehmenden Wissen um die Geheimnisse der Schöpfung nimmt auch das Wissen und die Bewunderung darüber zu, wie großartig dieses Gesamtkonstrukt der Schöpfung ist und wie sehr der dann neu entdeckte Bereich des Nichtwissens um sie den des betreffenden Wissens übersteigt.
Aber vor allem weiß auch ein gläubiger Naturwissenschaftler, dass das Entscheidende für ihn in diesem Zusammenhang nicht darin besteht, lediglich reines Wissen um die Geheimnisse der Welt und Natur anzusammeln, sondern darin, in der Liebe Gottes zu leben – die Liebe des Erlösers mit unserer Liebeshaltung zu beantworten! Dann macht es selbstverständlich auch viel Sinn und kann Ausdruck des Glaubens sein, die Entdeckungen der Naturwissenschaften auch zum Wohl der Menschheit einzusetzen.
Aber dennoch ist der Mensch in erster Linie nicht als ein komplizierter mechanisch, biologisch, chemisch, elektromagnetisch oder sonst irgendwie funktionierender Apparat anzusehen, sondern als eine lebendige Seele, die ihrem Wesen nach auf die übernatürliche Welt ausgerichtet ist und im Streben nach der Vollkommenheit Gottes und somit nach der christlich verstandenen Liebe ihre Bestimmung erkennt und den Sinn des eigenen Daseins erfährt!

P. Eugen Rissling

 

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